Die Bäume waren noch voller Laub, üppig und grün. Ich starrte aus dem Zugfenster, der September hatte gerade begonnen.
Wenn ich das nächste Mal hierher komme, dachte ich, werden nur noch vereinzelt gelbe Blätter an dunklen Ästen flattern wie Wimpel nach einer lange zurückliegenden Party. Das alte Jahr wird dabei sein, seine Sachen zu packen, im Geiste beinahe schon verschwunden, fast hektisch im Gewahrsam der bevorstehenden langen Reise. Der Übergang war immer schwierig. Wie auf einem Bahnhof, wenn die Umsteigezeit durch eine Verspätung auf ein Minimum zusammenschrumpft, wird der Blick der Menschen gehetzt und die Schritte schneller werden. Entgegen allen Traditionen wird sich Weihnachten anfühlen wie die Eingangstür zu einer Sporthalle und Silvester erinnert an einen Sprung über den Bock. Alle werden in das neue Jahr springen, landen auf blankgeputztem Parkett, verlassenen Straßen oder in einer verschneiten Hütte auf einem Berg. Genau so ist es, ging mir durch den Kopf, und kurz konnte ich ein Rotkehlchen sehen, das auf einem leeren Bahnsteig nach Futter suchte. Diese Zeilen sind genau 2 Monate alt. Und jetzt bin ich wieder dort, wo die Bäume voller Laub waren, üppig und grün. Übermorgen werde ich im Zug sitzen und Ausschau halten nach Rotkehlchen und anderen Tieren. Die Landschaft wird an mir vorbeirauschen, die Linien der Freileitungen für die Züge werden sich vereinen und wieder auseinanderdriften. Es tut gut, sich Notizen zu machen. Es tut gut, diese Notizen zu lesen, zu verwenden. Es lässt mich erkennen, dass das Leben nicht ver-fliegt, dass es gegangen werden kann, dass es gesehen werden kann, sehr bewusst, wie eine Kerze, von der man weiß, dass sie nicht unendlich lange brennen wird. Comments are closed.
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Inés Witt
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