Inés Witt
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 Mut  zur  Kreativität
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Mausgrau 2 - Die Geschichte von einem Wunder, das keins ist

22/2/2019

 
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Marlene hatte IHN getroffen. Endlich. Nun stand es fest. Sie ging jetzt nicht mehr zur Schule. Fortan hatte sie Wichtigeres zu tun: ihre Zukunft planen und die hauptsächlichen Grundsteine legen. Natürlich verließ sie jeden Morgen weiterhin das Elternhaus pünktlich. Stadtpark, nachdenken, Enten füttern. Irgendwann war das zu wenig. Sie begann die Enten zu zeichnen. Anfangs gelang ihr das nicht besonders gut, aber nach und nach wurden die Enten immer besser. Herr und Frau Kessel waren schwer beeindruckt, was die jungen Leute im Kunstunterricht zu Wege brachten. Gute professionelle Anleitung ist eben das A und O.
 
Mit Robert blieb Marlene in Verbindung, freundschaftlich. Er legte enormen Wert darauf, dass sie lediglich gute Freunde waren. Sie wäre ihm zu jung. Er sei noch nicht über Lucienne hinweg. Usw. und so fort.
Nun gut, sie hatte Zeit. Der Sommer kam. Dann der Supergau zu Hause, als ihre Eltern realisiert hatten, dass es kein Abitur gab. Was macht man mit einem Scherbenhaufen? Heulen und den Kram beseitigen. Wieder heulen. Und auseinander gehen. Die erwachsene Tochter zog aus mit der Auflage, sich um einen Ausbildungsplatz zu kümmern. „Ist das kla- har???!!!“ 
Marlene bekam etwas Taschen- und Kostgeld. Die Miete bezahlten ihre Eltern. Sie zog in eine Wohnung, die den Namen eigentlich gar nicht verdient hatte. Aber Wohnungen waren knapp. Ein Wunder, dass es überhaupt geklappt hatte, innerhalb kurzer Zeit eine Bleibe für die missratene Tochter zu finden. Und ein Resultat vom Vorhandensein einer beachtlichen Menge Vitamin B.
 
Robert hatte ab und zu eine Freundin. Eine richtige. Aber diese Verbindungen standen wohl unter keinem günstigen Stern. Sehr zur Freude von Marlene.
Sie begann mit knapp neunzehn Jahren eine Ausbildung zur Bürokauffrau. Irgendetwas Vernünftiges musste sie ja machen, sonst wären ihr die Eltern aufs Dach gestiegen. Marlene hatte einen Plan und sie arbeitete ihn ab wie ein Schweizer Uhrwerk .
Ihr langer Atem machte sich bezahlt, als Freundin Nummer Drei entschwunden war. Robert und Marlene gingen tanzen. Tanz in den Mai. Schönes Wetter, laue Nacht, leichte hoffnungsvolle Atmosphäre, der zauberhafte Nachthimmel...
 
Endlich wurden die beiden ein Paar. Sie zog ein in die Männer-WG und wirbelte alles durcheinander. Es war wie Frau auf Schiff. Ging gar nicht. Am Ende wohnten nur noch Marlene und Robert in der Dachwohnung. Und Robert war um drei Freunde ärmer.
Sie teilten die Zimmer auf. Eins für Robert, eins für Marlene. Sie hatten keinen Bock auf diese Wohn- und Schlafzimmerspießigkeit. Mit der Zeit wurden sie ein eingespieltes Team. Das Studium lief gut, die Ausbildung genauso. Keine Partys, keine Versuchungen. Sie lebten in ihrer Welt und fühlten sich wie Passagiere in einem Zug, der sich stetig  und sicher seinem vorherbestimmten Ziel nähert.
 
Marlene konnte sich entspannt zurücklehnen. Sie kramte ihre Entenzeichnungen hervor und bekam wieder Lust zu malen. „Was meinst du, wollen wir uns eine Katze aus dem Tierheim holen?“ 
Zuerst dachte er, sich verhört zu haben.  „Wie bitte?“
„Ich möchte eine Katze haben.“
„Du kümmerst dich?“ 
„Na klar!“
„Nur zu. Ich habe nichts gegen Katzen.“
Später sollte sich das allerdings ändern.  Als aus einer Katze eine Katzenfamilie geworden war. 
 
Lulu war ein geduldiges Modell. Besonders nach dem Fressen. Lulu, eine schöne weiße Katzendame im fortgeschrittenen Alter, schnarchte allerdings furchtbar laut. Und das hatte viele Leute davon abgehalten, sie langfristig zu behalten.  Marlene war eine empfindliche junge Frau, aber sie hatte einen gesegneten Schlaf. „Das wird Probleme geben, wenn sie mal Mutter wird“, war der Kommentar ihrer Mutter dazu gewesen. Anstatt sich für das Mädchen zu freuen. 
 
Als Lulu anderthalb Jahre später an Altersschwäche verstarb, war Marlene mit ihrer Berufsausbildung fertig und stolze Besitzerin unzähliger Skizzen und Zeichnungen, die Lulu in allen möglichen Positionen darstellten. Kurz nachdem sie Lulu beerdigt hatten, kam der Mauerfall. Er berührte Marlene und Robert kaum. Ihr Zug wäre auch so weiter gefahren. Das war eine für junge Leute absolut untypische Einstellung. Die letzten Freunde gingen auf Abstand. Auch das nahmen sie nur am Rande wahr.
 
Robert schloss sein Studium erfolgreich ab und bekam eine gut bezahlte Stelle in einer renommierten Anwaltskanzlei.  Es folgte der Umzug in eine größere Wohnung. Marlene kam sich wie im Paradies vor. Die Wohnung erstreckte sich über die gesamte untere Etage einer Villa in der beliebten Bahnhofsgegend. Man hätte auf dem Flur Rollschuh laufen können. Oder Boccia spielen. Eine breite Treppe führte von der Küche in den Garten. Der war leicht verwildert, aber dafür so märchenhaft. „Haach, endlich wieder Prinzessin!“
 
Zu einer Prinzessin gehörte eine Traumhochzeit. Marlene kaufte sich einen Traum in Weiß.  Einen teuren Traum.  Dazu passten ihre leicht ergrauten Haare eigentlich gar nicht.  Ihre Augen jedoch glichen alles aus. Und die Art, wie sie sich bewegte. Robert wirkte  etwas blass  neben ihr. Aber das war schon in Ordnung. Er sollte der schönen Braut ja schließlich nicht die Show stehlen. 
Sie feierten im kleinen Kreis bei sich zu Hause im Garten mit einigen Verwandten und Nachbarn.
Marlenes Eltern kamen kurz zum Gratulieren, sie konnten ihr das geplatzte Abitur einfach nicht verzeihen.  Auch die Eltern von Robert schauten nur flüchtig vorbei,  sie waren mit Roberts Wahl unzufrieden.

Nächste Woche geht es weiter.... mit den Flitterwochen

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    Inés Witt
    Singer/Songwriter
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    "Die Kreativität
    ​in sich zu sehen,
    ist eine Kunst -
    wer aus ihr schöpft,
    ist ein Künstler."
    Wilma Eudenbach



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