Heute schreibe ich einen merkwürdigen Text, der jetzt – ja, richtig – genau in diesem Augenblick entsteht.
Wenn du spazieren gehst oder am Nachmittag von der Arbeit kommst, wirst du sie sehen und hören: Krähen. Wir jedenfalls haben hier eine Menge Krähen. Sie erinnern mich, wenn sie auf den leeren Äckern und Feldern herumstolzieren oder unseren Garten bevölkern, an altehrwürdige Professoren. Nur eine liebe Freundin von mir sieht das anders. „Ihr großen schwarzen Vögel, warum könnt ihr nicht weiß sein?“, rief sie verzweifelt, als es ihr gerade nicht besonders gut ging... Ich liebe die Krähen seit meiner Kindheit. Sie begleiteten mich im Herbst und im Winter auf dem Weg zur Schule und später auf endlosen Spaziergängen. Im Gegensatz zu meiner Freundin bin ich ein absoluter Krähenfan. Neulich träumte ich, ich hatte graue Haare, nur eine Strähne war bunt wie ein Regenbogen. Meist lief ich rum wie eine graue Maus. Manchmal jedoch, aus einer Laune heraus und meiner Freundin zuzwinkernd, zog ich mir einen Scheitel, so dass der Regenbogen auf meinem Kopf erstrahlte. Wir liefen lachend in wehenden Mänteln am Strand entlang und beobachteten die Möwen, diese weiß-grauen kreischenden Wesen, die umtriebig und gierig nach Fressen und Freiheit sind. Ja, ein seltsamer Text, nicht wahr? Passt aber zum November und meinen geliebten Krähen, die sich übrigens, nebenbei gesagt, oft in Gesellschaft von Dohlen befinden. Schau’ mal genau hin. Es sind wirklich alles Professoren. Ein interessantes Phänomen, welches meiner Wahrnehmung recht zu geben scheint, gibt es im Hinduismus. In einigen Tempeln werden weiße Ratten als reinkarnierte Geschichtenerzähler oder gar Heilige verehrt, hat mir ein Bekannter berichtet. Faszinierend, finde ich. Sollte man vielleicht nicht alles für bare Münze nehmen, doch ich liebe die Inspiration durch altehrwürdige Professoren und Geschichtenerzähler. Und eventuell lasse ich mir tatsächlich eines Tages einen Regenbogen ins Haar färben. Es gibt da so einen Salon in London... Comments are closed.
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Inés Witt
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