Es gibt immer wieder Momente, in denen ich mich genau das frage.
Ich schaue den Menschen an und denke: Wann ist aus dir ein Erwachsener geworden? Es ist kaum vorstellbar, dass du mal ein Kind warst. Das war auf einem anderen Planeten, aber hier - eher nicht. Wann ist aus dem Kind ein Erwachsener geworden? Wann kam nicht mehr die Meise auf dein Fensterbrett? Wann wandte sich die Katze der Nachbarn ab? Wann fingst du an, gefallen zu wollen? Hast Haarspray und Make up benutzt? Oder Haargel? Nicht mehr deine Wahrheit gesprochen? Dich geduckt und angepasst? Wann hast du aufgehört, über Pfützen zu springen? Wann hast du deinen Regenbogen verblassen lassen und dein Lächeln verloren? Wann hast du es dir abgwöhnt, beim Rauschen der Bäume einzuschlafen und dich vom Gesang der Vögel wecken zu lassen? Wann hast du das letze Mal einer Pusteblume geholfen, ihre Samen in die Welt zu entsenden? Wann ist aus dem Kind ein Erwachsener geworden? Wann hast du begonnen, das Leben nicht mehr zu hinterfragen? Wann hast du realisiert, dass du mehr Sorgen hast als Anlässe zur Freude? Ab diesem Punkt glaubtest du möglicherweise angekommen zu sein. Im Erwachsensein. Die Poesie verabschiedete sich aus deinem Leben. So wie jetzt die Buchenblätter ihre Bäume verlassen, um den neuen frischen Trieben Raum zu schenken. Etwas in dir sehnt sich nach dem Menschen, der du mal warst. "Hoffnung ist der Vogel, der singt, wenn die Nacht noch dunkel ist." ( Rabindranath Tagore) Wann ist aus dem Kind ein Erwachsener geworden? Wann hast du das Vogelhaus auf deiner Fensterbank abgebaut, weil man dir gesagt hat, dass man die Vögel nicht das ganze Jahr über füttern soll, es tut nicht not? Es tut not, gut zu den Tieren zu sein. Es tut not, mit seinen Kindern zu tanzen und zu lachen. Es tut not, sich selbst zu umarmen und in ein Geschäft zu gehen und Vogelfutter zu kaufen. Es tut not, die Gewohnheiten aus Kindheitstagen zu reaktivieren. Vielleicht ist jetzt der richtige Zeitpunkt dafür. Wir brauchen dafür nicht auf einen anderen Planeten zu gehen. Liebevoll und sanft.
Der Wald befindet sich momentan in einer Art Hoch-Zeit. Weiße Blütenmeere fließen inmitten der Wunder unberührter Natur-Reiche. Bäume stützen einander und umarmen sich . Die Liebenden liegen sich sowieso in den Armen. Größere breiten schützende Fächer aus über die Jungen. Dass ein möglicher Hagelschauer sie nicht zu arg trifft. Der Wald ist zur Zeit sehr sanft, seine Blätter ganz weich. Ich gehe gern durch den Wald und streichle die Pflanzen. Derart, als streife ich jungen Kätzchen durch ihr Fell. Manchmal denke ich, diese oder jene Blätter sind wohl nicht mehr so samtig. Aber ich werde immer eines Besseren belehrt. Als wären die Engel der Zartheit in der Natur gerade besonders präsent. Und die Birken tragen Hochzeitskleider. Das große Fest bestreiten die Vögel, Schmetterlinge und die kleinen Wesen. Begleitet vom Licht- und Schattenspiel der Sonne, des Windes und der Wolken. Diese Feier der Verwandlung berührt jeden, der sich still und behutsam in die grünen Kathedralen begibt. Solcherlei Zeremonie macht unsere Herzen weich und zart. Und sie lässt die Liebe in unseren Auren einziehen. Verwandlung weiße Zaubersterne bedecken und verwandeln die Hügel und die Wiesen frühlingshafte Ferne Schneeblumen, sie tanzen staunend beuge ich mich über die kleinen Wunder hunderttausend Pflanzen aus lindgrünem Samt so träume ich ganz vage ein unsichtbares Kleid legt sich in meine Hand (Inés Witt) Mögen wir sie behüten, die kleinen Wesen, den Wald und die zarten Träume. Mögen wir uns immer wieder verzaubern lassen von den Engeln der Zartheit. Ihre Kleider schätzen und annehmen wissen. Lindgrüner Samt nährt jede menschliche Seele und lässt sie strahlen. Liebevoll und sanft... In Dresden gibt es ein Villenviertel mit dem Namen "Weißer Hirsch".
Dort stehen in der Nähe hoher alter Bäume schöne Häuser, deren beste Zeit jedoch schon eine Weile zurück liegt. Jetzt verfallen etliche dieser Immobilien wegen ungeklärten Eigentumsverhältnissen oder anderen offenen Rechnungen mit mehreren Unbekannten. Das oftmalige Schicksal von Besitztümern. Früher heiß begehrt. Jetzt eine Häufung von Problemen. "Monde und Jahre vergehen, aber ein schöner Moment leuchtet das Leben hindurch", schrieb einst der österreichische Dichter Franz Seraphicus Grillparzer. An den Weißen Hirsch wurde ich erinnert durch ein weißes Reh. Ich war mir erst nicht sicher, ob es dasselbe ist, das ich vor etwa anderthalb Jahren am Waldrand erspäht hatte. Damals traute ich zuerst meinen Augen nicht, ich dachte, es sei ein kleines Pferd. Aber dann sah ich die anderen Rehe und sie verschwanden zusammen im Nebel auf einem weitläufigem Feld. Vor einigen Tagen war ich genau in diesem Waldstück mit unserer Hündin Amy unterwegs. Es hatte gerade geregnet. Die Erde atmete Dunstschwaden aus. Das gab der Stunde einen mystischen Zauber, welcher bedauerlicherweise nicht lange anhielt. Mir kam eine Menge Leute entgegen mit vielen Hunden, die laut durcheinander bellten. Wer einen Hund hat, weiß wie blöd das laufen kann, wenn eine Meute fremder Hunde den eigenen einkreist. Die Besitzer finden das meist amüsant und sagen, dass die das unter sich ausmachen können. Fließt Blut, war es nimmer das eigene Tier, das zugebissen hat. Kurzum: Ich machte die Biege und verzog mich mit Amy in's Dickicht, stapfte über verrottete Äste, kletterte durch das Gelände und war grimmig auf mich und die Welt. Wieso kann ich mich oft dermaßen schlecht durchsetzen? Im Gestrüpp des Waldes gelang mir das wenigstens und irgendwann kamen meine Freundin im Fell und ich auf eine Lichtung. Und da geschah es! Ein Reiter auf einem weißen Einhorn lächelte mir zu und versprach zu den Menschen zu reiten und ihnen Bescheid zu geben, dass sie gefälligst achtsamer durch Wald und Flur spazieren sollten. Verschwörerisch zwinkerte mir das Einhorn zu und mein Herz machte Freudensprünge des Glückes. Ach, Spaß beiseite.. Wobei, eines Tages wird es genau so geschehen, denn ich bin oft dort, wo man sonst nicht hingelangt. An Plätzen, wo Wunder möglich sind. Da, wo die Monde und die Jahre noch Geschichten erzählen, wo in den kleinen Blumen die Elfen schlafen, wenn sie nicht gerade in den Sonnenstrahlen tanzen. An Orten, die niemanden gehören. Und wenn, dann höchstens den Tieren und Waldhütern, die ebenda hausen. An Stätten, die sich dem Jahreslauf hingeben, im Werden und Vergehen, deren Wert für alle Zeiten erhalten bleiben wird, sofern nicht der Mensch eingreift und zum Beispiel ein Villenviertel baut. Also zur Realität... In Wirklichkeit zeigte sich mir das weiße Reh. Es stand lange einfach da und schaute mich an. Amy war an der Schleppleine, sonst wäre die Idylle schnell vorbei gewesen. Das weiße Reh hatte wunderschöne Augen, wie auf dem Foto über dem Text. Lange helle Wimpern umrandeten die beiden treuen braunen Lichter im Gesicht dieser Schönheit. "Ach, wie wundervoll, dass du noch lebst!", flüsterte ich. "Ja, es ist nicht einfach, ich falle zu sehr auf", kam die Antwort. "Zum Glück gibt es die anderen." "Wo sind sie denn?" "Du siehst sie nicht, sie verstecken sich. Sie müssen mich nicht beschützen, denn du bist wie ich. Du tust mir nichts. Außerdem sieht dein Hund ein wenig aus wie ich." "Es ist trotzdem besser, wenn ich sie an der Leine lasse, sie ist ein Jagdhund mit erheblichen Fuchsanteilen, deshalb ist Amy auch sehr wild." Da fiel mir ein, dass der Fuchs eins meiner liebsten Krafttiere ist und der Fuchs immer einen Weg findet. Wenn es sein muss, sogar zu einem märchenhaften weißen Reh. Tja, so war das inmitten der Natur mit dem weißen Reh. Ich dankte im Stillen den Menschen, von denen ich mich hatte vertreiben lassen. Denn weiße Rehe und Hirsche zeigen sich selten und man findet sie meistens nur an Orten, wo sich kaum jemand hinbegibt. An Plätzen, wo Wunder möglich sind. Da, wo die Monde und die Jahre noch Geschichten erzählen, wo in den kleinen Blumen die Elfen schlafen, wenn sie nicht gerade in den Sonnenstrahlen tanzen. An Orten, die niemanden gehören. Und wenn, dann höchstens den Tieren und Waldhütern, die ebenda hausen. An Stätten, die sich dem Jahreslauf hingeben, im Werden und Vergehen, deren Wert für alle Zeiten erhalten bleiben wird, sofern nicht der Mensch eingreift und zum Beispiel ein Villenviertel baut... Mein Mond scheint nicht sehr hell im Moment.
Eine Korona - ja, ich traue mich, diesen Begriff zu verwenden - umrandet ihn und dämpft sein Licht. Mein Mond nimmt ab. Ich selbst leider nicht. Der nächste Vollmond kommt bestimmt und wenn die Wetterlage es zulässt, wird die Welt auf magische Weise in seinen sanften, erhellenden Schein eintauchen. Mein Traumschloss hat sich in Luft aufgelöst und das daneben stehende Kartenhaus ist zusammengefallen. Ein Hauch von dem, was war, ist noch zu spüren wie ein leise Brise. Trotzdem greift meine Hand in's Leere. Es tut weh, obwohl ich von Anfang an ahnte, dass diese "Immobilien" nur vorübergehend zu meinem Leben gehören würden. Wie schnell etwas kollabieren kann, merken jetzt viele Menschen. Ich stand bereits oft in diesem luftentleerten Raum. Fühlte das Nichts. Das wirklich Schmerzhafte ist der Erkenntnisprozess. Dass sich etwas verändert, verabschiedet. Dass etwas nicht mehr zu einem gehört, dass man selbst nicht mehr dazu gehört, weil man "anders" ist. Das wirklich Schmerzhafte ist die "Trennung". (Welche von vielen Weisheitslehrern wiederum als Illusion bezeichnet wird.) Irgendwann, das weiß ich, tut es nicht mehr so weh. Es wird - eher im Gegenteil - meinen Atem freier machen. Die Atmosphäre klar. Die Realität ist dann etwas, an dem ich mich orientieren kann. Der Boden unter den Füßen wird gleichzeitig zum Fels in der Brandung. Bis das nächste Luftschloss erscheint. So wandle ich von Fata Morgana zu Fata Morgana. Aufwachen werde ich wohl erst am Ende meines Lebens. Also nehme ich an, was ist. Die nächste schöne Illusion werde ich als Quelle der Inspiration sehen. Das nächste Kartenhaus als eine temporäre Bleibe. Vielleicht werde ich Fotos machen, um mich hinterher zu erinnern, wie schön diese Traumschlösser waren und wie sehr sie mich für eine Zeit genährt, wie liebevoll sie mich beherbergt haben. Also, Danke, liebe Gebäude aus Luft und Liebe! Danke, dass ihr euch mir gezeigt habt. Danke, dass ich jetzt merke, dass ich ohne euch leben kann. Und dass ich das Paradies in mir selbst finden werde. Weil dies nun not-wendig geworden ist. Somit werde ich Willkommen und Abschied in der Zukunft besser verkraften. Auf dem Weg der Balance und der inneren Mitte. Meditieren hilft. Stille. Selbst. Sein. Bei mir jedenfalls... Vorweg: Verzeiht mir bitte die Ironie. Ich liebe es zuweilen, die Sachverhalte zu überzeichnen.
Es ist ernst gemeint, was ich schreibe, aber nicht hundertprozentig ernst. Humor ist eine schöne Ressource. Widersprüche zu akzeptieren ebenso. Wenn ich mich an meine Kindheit erinnere, dann gibt es dort viel Nichts. Entweder ich war noch nicht soweit, es war unwichtig oder richtig blöd. Daher die Lücken. Wenn ich an meine Jugend denke, sehe ich vor allen Dingen Probleme. Ganz viele Probleme. Wahrscheinlich ist es das, was ich von Anbeginn dieses irdischen Daseins gelernt habe: Es muss immer etwas verändert werden. Denn: So, wie es ist, ist es nicht gut. Sehr wichtig: So, wie es ist, ist es nicht gut genug. Uuuund, gaaanz wichtig: So, wie ich bin, das reicht nicht, um gut zu sein. So, wie ich bin, das gehört verändert, weil sonst Katastrophe. Damals fühlte ich mich wie ein Baum. Das ist schon mal recht größenwahnsinnig und genau: da muss etwas umgestaltet werden. Solche Äste, die kreuz und quer wachsen... Na, wo kommen wir denn da hin? Großer Gott, was soll bloß mal aus mir werden? Solche Auswüchse an Phantasie müssen weg. Weg damit in den Müll! Biomüll, wir sind schließlich anständige Leute. Da muss man schon vernünftig sortieren. Stopp! Das war. Das war wahr. Jetzt bin ich erwachsen und kann mir meine Gärtner, wenn ich denn meine sie zu brauchen, selbst aussuchen. Apropos Aussuchen - ja, ich suche immer wieder. Ich möchte wachsen. Aber muss ich mich dazu krass verändern? Um beim Baum zu bleiben: Nimmt sich unsere japanische Kirsche vor, dieses Jahr jetzt endlich mal professionell zu blühen und obendrein mindestens zwanzig Zentimeter an Höhe zu gewinnen? WTF, sie lebt einfach und erfreut mich wie jedes Jahr im Frühling mit ihrem sanften rosa Zauber. In geführten Meditationen wird oft vermittelt, es wäre wohltuend, im Hier und Jetzt anzukommen. Doch, kaum bin ich da gelandet, wird von Veränderungen gesprochen, die wir uns wünschen. Da werden alle unsere Sehnsüchte wachgeküsst. Dass wir uns einen Partner wünschen, eine liebevolle Beziehung, liebe Freunde und einen tollen Job. Dass wir unsere verrücktesten Ideen umsetzen, logischerweise mit genug Geld auf dem Konto... Und - merkt ihr den Trick? Wir werden über liebevoll gestrickte Brücken aus Sehn-Süchten in ein Labyrinth der Träume geführt. Wenn wir labil sind, wie ich zum Beispiel, kann das zu beachtlichem Chaos im Kopf führen. Erschüttert blicken wir auf einen imaginären Trümmerhaufen, denn diese schönen Sachen, von denen die Rede ist, die sind nicht real. Sie sind verdammt noch mal nicht da!!! Und was bedeutet das? Unsere Gegenwart reicht nicht, sie ist nicht gut genug. Es muss anders, weil in diesem Fall selbstverständlich - besser - werden! Wir müssen da ran. Unser Jetzt ist unzureichend. Und weil uns das im höchsten Maße belastet, hören wir uns die nächste und die übernächste Meditation an, schauen das hundertste Video über das Wachstum unserer heiligen Seele und fahren nach Corona zum fünfzigsten Seminar. Wir sitzen verfallen in der Sucht nach Selbstoptimierung wie das Kaninchen vor der Schlange, lassen uns hypnotisieren und verlieren dabei einen gehörigen Teil unserer Zu-Frieden-Heit. Dabei ist es jedoch bewiesen, wie gesundheitsfördernd der Innere Friede wirkt. Also, meine Meinung: Cool down! Du bist super, wie du bist. Du bist toll, auch wenn du bestimmt Dinge nicht "schaffst". Dein Partner/Kollege ist klasse, obwohl er sich vielleicht nicht für das Webinar interessiert, welches du gerade absolvierst. Dein Nachbar ist ein großartiger Künstler trotz der originellen Klarinetten-Töne, mit denen er dich immer auf's Neue beglückt. Und wenn deine Kinder anders ticken als du, sie sind wundervoll. Es ist gut, wie es ist. Natürlich gibt es Ausnahmen. Aber daran kann man ja arbeiten. Dafür gibt es schließlich Bücher und Kurse... Das hier soll kein Bashing von wertvollen Lehrern und Coaches sein! Ich bin vielen Menschen aus dieser Richtung unfassbar dankbar. Mir geht es um die Relation. Um das Verarbeiten. Um das auch mal Sein-Lassen. Das Durchatmen und Vertrauen in die eigenen Kräfte, die eigene Resilienz. Wir sind stärker, als wir denken. Wir sind erfolgreich. Wir leben. Jetzt. Es gibt sie, diese magische Momente, welche man nie vergisst.
Sie ändern nicht dein Leben, aber sie brennen sich tief in deine Seele ein. Einen solchen Augenblick erlebte ich bei einem Liederabend vor einigen Jahren. Ich war selbst Schülerin der Abraxas Gesangsschule in Hamburg. Es gab einen Abend, an dem alle Schüler auftraten und so auch Rolf. Er sang von Milow das Lied "You don't know". Sein Gesang brach mir das Herz und mir liefen nur so die Tränen über das Gesicht. Wie traurig und berührend doch oft die Popsongs oder Rockballaden sind. Menschen wie ich, die nicht so super "fluent" im Englischen sind, verstehen, wenn überhaupt, oft nur die Hälfte der Texte. Aber vielleicht ist das ein Segen, weil uns dann die Stimme umso mehr erreichen kann. Rolfs Stimme hat mich umgehauen. Andere haben auch tolle Dinge vorgetragen, aber "You don't know" ist bei mir hängen geblieben. Weil es sein Lied war. Weil er es fühlte. Weil das Leben ihn "gezeichnet" hatte. Und dieses "gezeichnet" ist die Schnittstelle zu meiner Gegenwart. Beim Händewaschen schaute ich heute in den Spiegel und dachte: "Ja, verdammt noch mal, das Leben hat dich ganz schön gezeichnet, Ines." Ich meinte: "Mensch, du hast ganz schön was durch." Und plötzlich wurde mir bewusst, was für ein Wunder es ist, dass das Leben uns "zeichnet". Wir kommen schon auf eine gewisse Weise als beschriebene Blätter Papier auf die Erde. Und dann gesellt sich noch das Leben als Künstler dazu und beginnt zu malen. Zu formen, zu graben. Daher die Furchen um den Mund. Die Linien unter den Augen und auf der Stirn. Daher diese einzigartige Mischung von Leben und Tod in unseren Augen. Eine Mixtur aus Freude, Liebe, Leid, Traurigkeit und Ergebenheit gegenüber dem Schicksal. Ja, und wer mich sieht, hat keine Ahnung von mir. Er sieht eine Frau mit blonden Haaren, die nicht mehr jung ist. Aber er hat keine Ahnung, was in mir vorgeht, wo mein Himmel und wo meine Hölle ist. Umgekehrt natürlich genauso. Ich habe auch keinen Plan von den meisten Menschen, denen ich begegne. Nur eine Ahnung und manchmal eine goldene seelische Verbindung zu ihm, wenn es das Leben so will und wir beide offen dafür sind. Es kann ebenso geschehen, dass der Schatz nur in einem Menschen funkelt und der andere es gar nicht bemerkt. Man geht auseinander. Der eine verzaubert, der andere womöglich unverändert. Das kann man als tragisch einordnen. Oder auch nicht. "Die Wege des Herrn sind unergründlich", steht in der Bibel. Die Wege der Seele sind unergründlich und das ist gut so. Dadurch haben wir immer wieder auf's Neue die Gelegenheit uns voller Faszination und Demut dem Mysterium des Menschseins, des Daseins hinzugeben. Weil wir keine Ahnung haben, keine Ahnung... You don't know (Milow) Sometimes everything seems awkward and large Imagine a Wednesday evening in march Future and past at the same time I make use of the night and start drinking a lot Although not ideal for now it's all that I've got It's nice to know your name You don't know, you don't know You don't know anything 'bout me An ocean, a lake, I need a place to drown Let's freeze the moment because we're going down Tomorrow you'll be gone, gone, gone You're laughing too hard, this all seems surreal I feel peculiar, now what do you feel You think there's a chance that we can fall You don't know, you don't know You don't know anything about me What do I know, I know your name You don't know, you don't know You don't know anything about me anymore I gave up dreaming for a while I gave up dreaming for a while I've noticed these are mysterious days I look at it like a jigsaw puzzle and gaze Wide open mouth and burning eyes If only I could start to care My dreams and my Wednesdays ain't going nowhere Baby, baby, baby, you don't know You don't know You don't know You don't know anything 'bout me What do I know, I know your name You don't know, you don't know You don't know anything 'bout me Baby, baby, baby, you don't know You don't know You don't know You don't know anything 'bout me anymore God moves in mysterious ways. Mein Mann hat die letzten Tage viel aufgeräumt und Vergessenes gefunden.
Ich habe die letzten Tage viel aufgeräumt und Vergessenes gefunden. Es gab so Manches, ich wusste gar nicht mehr, dass ich es besitze. Nein, ich komme jetzt nicht mit Minimalismus um die Ecke. Das ist eine interessante Geschichte, aber darüber schreibe ich ein anderes Mal. Es geht um einen alten Fotoapparat. Um eine Zeichnung, die die blaue Stunde darstellt. Nebenbei gesagt, ich liebe die blaue Stunde, wenn die Welt in den Komplementärfarben gelb und blau leuchtet, um die Nacht einzuladen. Es geht aber nicht nur um materielle Dinge. Es geht auch darum, im Kopf und im Herzen aufzuräumen. Wer und was darf bleiben, was gehen? Vorher die Frage: Was ist denn überhaupt da? Man kann sozusagen Frühjahrsputz in Körper, Geist und Seele machen. Und was passiert, tut man es denn? Es wird lichter, leichter. Friedlicher. Nach einiger Anstrengung, zuerst gibt es mitunter Chaos. Aber danach ist es wie nach dem Joggen. Man hat tief durchgeatmet und es fällt nicht mehr so schwer, sich weiter durch seinem Alltag zu navigieren, weil der Blick unverstellter geworden ist. Es macht weniger Mühe, seinen inneren Frieden zu finden und diesen Zustand weitestgehend zu erhalten. Trotzdem erfordert es einen langen Atem und ist wohl ein lebenslanger Prozess. Andererseits: Zu wissen, dass das Finden, das Sich-Finden, das Frieden-Finden über lange Zeitachsen erfolgt, nimmt viel Druck. Ich glaube, dranbleiben ist der Trick. Immer mal wieder aufräumen. Immer wieder anfangen. Immer wieder ausmisten. Dann - und jetzt kommt mein Schalk wieder durch - wiehert dein inneres Pferd voller Freude. Ihr könnt euren nächsten Ausritt genießen. Du hast getan, was dran war und dein Pferd hat einen sauberen Stall. Dankbar frisst es dir aus der Hand. Möhren sollte man als Ganzes füttern. Oje, ich schweife ab. Also genug vom Pferd... Ich schließe diesen Text lieber mit einem wiedergefundenen Zitat: "Der innere Friede, das ist etwas anderes als Zufriedenheit. Der innere Friede, das ist das Licht, das uns inmitten unseres Elends und unserer Schuldhaftigkeit die Ahnung einer erdumfassenden Liebe gibt." Luise Rinser Möge neben der Liebe ebenso der innere Frieden unser Kompass sein. "Mit den Augen Gottes gesehen, ist alle Finsternis Weg zum Licht.
Sie ist Irrtum und nicht Sünde und Schuld, auch wenn sehr viel Böses durch irrtümliches Denken erschaffen wird." ( aus dem Buch: "Ich bin ein glückliches Gotteskind" von Christa Schneider ) Mein Mann und ich sind beim Renovieren eines Zimmers. Ein Zimmer reicht wirklich. Was sich alles ansammelt, es gibt viel zu sortieren, auch auszusortieren. Wieso dieses Zitat oben? Es ist mir in die Hände gefallen. Beim Durchsehen von Tagebüchern und anderen Aufzeichnungen. Ich dachte, dass es jetzt passt. Ein gnädiges Substrat. Worte, die nicht verurteilen. Schwarz/Weiß bringt oft keine Lösungen, stattdessen nur noch mehr Unfrieden. Es ist selten förderlich, sich aufzuregen, mit allem zu hadern. Ich glaube, es braucht Hoffnung und Zuversicht. Gerade, wenn ein Sturm im Außen wütet. Es nützt kaum, ihn als Stürmchen oder lauen Wind schönzureden. Es nützt ebenso kaum, in ihm eine Apokalypse zu verorten. Unsere Buddha-Natur ist gefragt. Unser Rückgrat. Unsere Solidarität. Es ist, was es ist. Eine Krise. Eine Herausforderung. Es schmerzt. Es ist kein Sprint. Vermutlich ein Marathon. Wenn wir Glück haben, ein Halbmarathon. Wenn wir noch mehr Glück haben, einer mit Pausen. Ich habe das Gefühl, dass in diesem erzwungenem Mangel an Kontakt die Menschen auf eine andere Weise zusammen rücken. Wir werden uns vieler, vorher als selbstverständlich hingenommener Geschenke bewusst. Im weißen grellen Licht ist nichts zu erkennen. Wie in absoluter Dunkelheit. Da sind wir sozusagen blind. Nur im Spiel von Licht und Schatten ist es uns möglich, die Realität zu "sehen". Das passt nicht unbedingt zu den eingangs zitierten Sätzen. Aber es muss nie und nimmer alles passen. Die Phase, in der wir gerade stecken, ist ja gleichermaßen extrem hinderlich, wenn nicht sogar beängstigend. Der Widerspruch gehört zum Leben. Das Paradoxe existiert und grinst um die Ecke. Halten wir den Fokus auf das Menschsein, auf unsere Liebe zueinander. Gehen wir den Weg, der in den Nebel führt. Hinter dem Berg wechselt das Wetter. Wenn wir das Große Los ziehen, ist dort eine weite, von der Sonne geküsste Wiese. Wir werden froh sein, auf unserer Gratwanderung nicht aufgegeben zu haben. "Mit den Augen Gottes gesehen, ist alle Finsternis Weg zum Licht." Bei uns im Garten nistet eine Elster, hoch oben im Geäst eines Baumes.
Der Baum hat sich vor vielen Jahren ganz von alleine auf unserem Grundstück angesiedelt. Im Spätsommer verliert er Früchte, die ich nicht identifizieren kann. So etwas zwischen Kirsche und Vogelbeere. Alle Vögel lieben diese Delikatesse und veranstalten jedes Jahr zu gegebener Zeit auf's Neue ein pflanzliches Gemetzel. Ja, die Elster... Die Elster warnt vor Diebstahl und sorgt oft selbst dafür, dass die Brut anderer Vögel nicht durchkommt. Die Elster ist eine Räuberin. Auch, wenn sie sehr schön anzusehen ist. Das ändert nichts an der oben genannter Tatsache. Und nun hat sie bei uns ein Nest gebaut, ganz von alleine... Bei dieser Gelegenheit muss ich daran denken, wie im Busch neben unserem Haus einst ein Amselpärchen ihre Jungen aufzog. Das war vielleicht eine verrückte Zeit! Ihr müsst nämlich wissen, dass ich ab und zu Tiere verstehen kann. Unsere Hündin und ich jaulen vor fast jedem Spaziergang im Duett. Dabei einigen wir uns auf eine Route, welche wir zurücklegen wollen. Mit den Katzen aus der Umgebung diskutiere ich über das Wetter und den Straßenverkehr. Aber zurück zur den Amseln: Eines Tages schlüpften die Kleinen. Anfangs verhielten sie sich "normal". Mama und Papa Amsel hatten viel zu tun. Wenn es Futter gab, machten die Küken ihre Schnäbel weit auf. Aber was hörte ich? Ein kleiner Vogel schrie: "Ich, ich, ich!" Konnte ich meinen Ohren trauen? "Ich, ich, ich!" Die Vogeleltern bevorzugten das egoistische kleine Wesen. Es gab etwas Streit. So klein die Lütten auch waren, zanken konnten sie früh. Und auch lernen. Denn, bald schallte es im Chor: "Ich, ich, ich!" Meine Güte, womit hatten die Eltern diese Kinder verdient? Trotzdem sorgten die Großen mit viel Hingabe für ihren Nachwuchs, bis dieser flügge wurde. Die jungen Vögelchen machten bald den Garten unsicher und überall schallte es: "Ich, ich, ich!" Genervt zählte ich nach, wie viele es waren: Fünf. Fünf kleine Hähne. Oder sagt man besser: Amselmännchen? "Ich, ich, ich!" Tja, liebe Leute, was soll ich euch sagen? Die blieben dabei. Prägung nennt man das. Sie haben später, als sie das heiratsfähige Alter erreichten, keine Braut abbekommen. Tauchte ein Weibchen auf, ertönte es gleich: "Ich, ich, ich!". Und die kluge Vogeldame machte sich auf und davon. Überall gibt es Veränderungen. So kamen mit der Zeit andere gefiederte Geister. Viele Krähen. Die duldeten kein "Ich, ich, ich!". Da war Ende mit dem Tamtam. "Ich, ich, ich!" suchte das Weite und nach den Krähen gesellten sich neue Amseln aus der Umgebung und sonstige diverse Singvögel dazu. Und nun, leider eine Elster. Man kann sich halt seine Vögel nicht aussuchen... Noch vor Sonnenaufgang bin ich zum Bahnhof geeilt. Mein Zug startete früh.
Unterwegs trat ich in einen Hundehaufen. So ein Mist, das Ganze fing ja gut an. Auf dem Bahnsteig wuchs Gott sei Dank hohes Gras, kein Geld für die Pflege der Bahnsteige. Meine Rettung. Ich säuberte meine Schuhe, schließlich wollte ich ja nicht im Waggon die Leute gegen mich aufbringen bzw. das Personal verärgern. Ich nahm Platz, am Fenster. Der Sitz neben mir blieb leer. Es war überhaupt ziemlich übersichtlich. Es befanden sich nicht viele Menschen in meiner Gesellschaft. Das war mir recht angenehm. Denn, manche Streckenabschnitte verschlief ich schlicht. Besonders zu Beginn meiner Reise war ich müde, das lag am frühen Aufstehen und dem Gehetze zum Bahnhof. Zwischendurch driftete ich in Erinnerungen ab an mein Leben vor meiner Reise. Ich lief über Wiesen. Wurde erwachsen. Hatte einen Beruf nach der Schulmühle. Ich hatte eine liebevolle Familie. Coole Freunde. Tolle und weniger tolle Begegnungen. Tiere hatten mein Dasein bereichert. Immer weiter. Es gab auch hier auf der Bahnstrecke sehr bewusste Momente. Ich hörte Musik und las einige Bücher. Durchblätterte das Magazin der Deutschen Bahn, welches ich schnell wieder zur Seite legte. Leute stiegen ein, blieben eine Weile und eilten auf irgendwelchen Bahnhöfen zu ihren Anschlusszügen. Oder sie waren schon am Ziel angekommen. Stromleitungen begleiteten meine Fahrt, mal kreuzten sie sich um sich dann wieder voneinander zu verabschieden. Immer weiter. Landschaften, Städte, Dörfer, verlassene und belebte Stationen huschten vorbei. Zweimal überquerten wir breite Flüsse. Kleine Boote in der Ferne. Die Aussicht war zeitweise herrlich. Ab und zu ging mir jedoch durch den Kopf: "Also, hier ist es gar nicht nett." Immer weiter. Als es sehr voll im Zug wurde, setzte sich eine Frau auf den Platz neben mir. Sah ich in ihren Augen Angst? Ich war mir nicht sicher. Irgendwann stieg sie mit einem knappen "Tschö!" aus. Selbst die Worte werden passend zum Zeitgeist kürzer. Muss ja alles schnell gehen. Immer weiter. Viele Tiere sah ich. Die Kraniche während ihrer Rast auf einem Feld oder am Himmel kreisend, Rehe, Schafe, Pferde. Einmal zeigte sich kurz ein Fuchs. Da war ich schon erstaunt. Der Fuchs bedeutet Wachsamkeit und List, dass man immer einen Weg findet, egal wie schwierig sich die Dinge gestalten. Ich musste innerlich mit einem bitteren Beigeschmack auflachen. Denn mein Weg stand fest. Es ging von A nach B. Unaufhaltsam. Immer weiter. Der Zug war mein Leben und ich als Wesen in ihm gefangen. Der Entschluss in A einzusteigen war sozusagen mein Kommitment gewesen. Aus freiem Willen. Jetzt gab es nur noch die Option von A nach B. Wenn ich den Wunsch nach Bewegung verspüren sollte, konnte ich die Waggons ablaufen. Bei Hunger ins Bistro gehen. War mir nach Kommunikation zumute, standen mir die Mitreisenden oder mein Handy zur Verfügung. Wir fuhren und fuhren. Durchquerten so manchen Tunnel. Danach kam wieder Licht, sonnig oder bewölkt, teilweise mit Regen vermischt. Ein kurzes Gewitter brachte Abwechslung und etwas Drama. Besonders schöne Sonnenstrahlen folgten. Immer weiter. Irgendwann, das wusste ich die gesamte Zeit über, würden wir in einen Tunnel fahren, der kein Ende nimmt. Irgendwann, das wusste ich die gesamte Zeit über, würde nach der Dunkelheit keine Helligkeit uns erlösen. Es wird zu Ende und wir in B angekommen sein. Ganz, wie es auf meiner Fahrkarte geschrieben stand: Abfahrt A, Ankunft B. Verspätung und Umleitungen nicht ausgeschlossen. Zu einem guten Gespräch gehören auch die Pausen.
Wer nie zuhört, erfährt wenig von seinem Gegenüber. Immer auf der Überholspur zu fahren bringt oft Ungemach. Wie gut lässt es sich reden bei einem Spaziergang am Strand. Diese Weite, die Wellen, Himmel und Strand lassen Raum für Gedankengänge, Austausch in einer entspannten Atmosphäre. In jedem Team gibt es Starke und weniger Starke. Die Zugpferde inspirieren, machen etwas Dampf. Die Langsamen entschleunigen, sorgen dafür, dass die Leute das Ganze ruhiger angehen lassen, auch mal innehalten. Die "Schwachen" erzwingen manche Pause, die aber letztendlich für alle Beteiligten heilsam ist. Hier beschreibe ich einen Idealzustand. Es gibt natürlich auch Bremser und Diven, die für Stillstand bzw. Chaos sorgen. Dieses Szenario wollte ich aber nicht beschreiben. Wenn es dich packt, lasse deinen Flow nicht verpuffen im Nirvana des Irgendwann'. Denn "Irgendwann" ist der Name der Züge, die niemals abfahren. Es gibt sie, diese Plattform, den Bahnsteig der gestorbenen Träume. Ich war dort - eine Zeit lang. Graue Gestalten stapeln sich, sie winken: "Sei willkommen im Tal der Hoffnungslosigkeit und Sinnentleertheit!" Dorthin will niemand. Das ist nicht die Pause, die ich meinte. Das ist das Pendant zum Leben: die Erstarrung. Die Pause, die ich meinte, ist das Ausruhen; ich denke an die Vier der Schwerter im Tarot. Die Pause, die ich meinte, ist das Annehmen von dem, was ist, die Akzeptanz, ein "Wir kämpfen nicht." Ich jedenfalls werde nicht "kämpfen", jedoch dankbar sein für jede Chance, die mir zuflüstert: "Komm' zurück auf die Bühne, bleib' am Ball, sing' dein Lied!" Und ich bin es selbst, die dir zuflüstert: "Komm' zurück auf deine Bühne, bleib' am Ball, sing' dein Lied!" Liebe Pause, ich verneige mich vor dir. Lieber Zufall, ich danke dir. Lieber Gott, dein Wille geschehe. PS: Dieser Text war eigentlich ein anderer, bzw. sein Ende war zuversichtlich, mit einem Ziel, einem Datum gesegnet. Jedoch, kaum stand der Termin fest, ereilten mich Krankheiten und Beschwerden vielfältiger Natur. Der Arzt sagte: Nein! Körper und Seele sagten: Nein! So musste ich einen Traum begraben in der Hoffnung auf Gesundung. Und es ist nicht auszuschließen, dass ich auf dem Bahnsteig der gestorbenen Träume strande und dann eben von dort aus meine Geschichten erzähle... noch ein PS: Der Text ist entstanden, bevor durch die Krise unsere Zeit auf eine gewisse Weise angehalten wurde. Pause im öffentlichen Raum. Mögen wir gut hinhören und fühlen, was für uns hilfreich ist. Mögen wir gut auf unsere Intuition, auf die Gemeinschaft, die Natur, die Tiere und auf Mutter Erde achten. Jetzt. Und auch nach dieser Herausforderung. Das, was ich jetzt erzähle, sollte nicht ganz für bare Münze genommen werden.
Dennoch haben die Dinge sich in etwa so zugetragen. Wer eine Ratten- und Mäusephobie hat, sollte diese Geschichte lieber nicht lesen!! Denn ich konnte die Ereignisse nur so gut händeln, weil ich die meisten Tiere liebe, auch eben Ratten und Mäuse. Ich bin der Typ Frau, der sich eher kaputt lacht, wenn eine Maus aus dem Nichts auftaucht. Also, ich springe dann nicht wie im Film auf den Tisch und rufe um Hilfe. Mich erschrecken ganz andere Dinge... Wir leben in einer ausgebauten 140 Jahre alten Doppelhaus-Hälfte. Als wir dort in den 80er Jahren eingezogen, war alles so sehr provisorisch, dass der Abschnittsbevollmächtigte mutmaßte, wir würden sowieso bald in die BRD ausreisen. Unser WC befand sich unter einer Art Hühnerleiter im Flur, die zum Dachboden führte. Mehrmals huschte ein Mäuslein durch dieses winzige Etwas von einem Raum, während ich dort auf dem Klo saß. Die Maus kam, sah und verschwand jedesmal blitzschnell. Kein Grund, sich Sorgen zu machen. Während der Umbauarbeiten wurden Rohre für Wasser und Abwasser neu verlegt. Da die teilweise noch nicht angeschlossen waren, ragten sie etwa 20 cm aus dem Fußboden. Um beim Provisorischen zu bleiben, diese Rohrenden waren mit alten Müllsäcken aus Plastik verschlossen. Man musste ja nehmen, was zur einem zur Verfügung stand. Nun passierte eines Tages Folgendes: Die Ratten aus der Kanalisation, ja, gewissermaßen die Kanalratten , fraßen sich da einfach durch. Die Aussicht auf Nahrhaftes und etwas Wärme hatte sie angelockt und nun flitzten neben den Mäusen auch Ratten durch unser neues Domizil. Das waren harte Zeiten, sage ich euch. Jedoch wir waren jung und konnten einiges ab. Jetzt aber hat eine Ratte echt den Vogel abgeschossen. Wir haben nämlich immer noch ein Rohrproblem. Aus einem ursprünglich neben dem Schlafzimmer geplanten Zweitbad im oberen Stockwerk wurde ein begehbarer Schrank. Wir hatten es nicht so dicke. Und der Stauraum hat sich sehr bewährt. Kurzum, in diesem Mini-Schrank-Zimmer gibt es wieder, genau richtig geraten, Rohrenden, die nicht ganz fachgerecht verschlossen waren. Und die ... An jenem Abend war ich viel eher als sonst schlafen gegangen. Mit einer Wärmflasche. Mein Mann musste noch etwas vorbereiten für die Arbeit und war aufgeblieben. Lange aufgeblieben. Vielleicht zu lange aufgeblieben... Ich schlief gut ein, drehte mich mal in die eine und die andere Richtung. Irgendwann, so im Halbschlaf, griff ich nach der zur Seite gerollten Wärmflasche und drückte sie mir an den Bauch und ... ... sie quiekte und sie fasste sich sehr merkwürdig an... wie ein hartes Plüschtier. Huch!! Sofort war ich hellwach, machte das Licht an und schrie wild umher. Diese Aktion war mir nun doch zu dicht. Die Ratte flüchtete aus dem kuschligen Bett und war genauso erschrocken wie ich. Das arme Tier. Wegen dem Zeter und Mordio kam mein Mann, öffnete die Tür und die Ratte raste runter in das Badezimmer im Erdgeschoss. Nebenan in der Küche jaulte unsere Amy wie ein Wolf. Die Nachbarn lieben uns noch immer... Es war eine denkwürdige Nacht. Das Tier aus der Unterwelt wollte sich nicht vertreiben lassen und fauchte und fletschte die Zähne. Mein Mann hatte sich vorgenommen, mit Hilfe eines Besens das Ganze unverletzt aufzulösen. Die Ratte biss sich voller Wut und Verzweiflung in dem hölzernen Hilfsmittel fest. Letztendlich wurde der Feger samt Ratte auf unserer Auffahrt deponiert. Meine bessere Hälfte hat sich anschließend um die Eintrittspforte des ungebetenen Gastes gekümmert. Mein Job war es, unsere Hündin mit ein paar Leckerli über die verpasste wilde Jagd hinweg zu trösten. Am nächsten Morgen wurde der Besen wieder in den Haushalt integriert. Die Ratte hat ihn zum Glück nicht als Trophäe mitgenommen. Ja, so ist das mit der alten Bausubstanz und dem ganzen Firlefanz. Man bekommt Stoff für die absurdesten Spukballaden und muss sich ein dickes - ähm - Fell wachsen lassen. Haach, wenn es kalt ist, ich liebe meine Wärmflasche, nach wie vor. Wir schlafen gut und träumen süß. Und Mäuse gibt es nur noch im Schuppen. Kein Grund, sich Sorgen zu machen... Man kann vom Bergsteigen halten, was man will.
Ich bin aus dem Norden, da gibt es keine Berge. Als Jugendliche war ich in Rumänien im Retezat-Gebirge und bei der ersten Gratwanderung sagte ich zu den anderen, dass ich lieber zurück zu unseren Zelten umkehre. So habe ich es auch getan, den Tag lieber an einem Gebirgssee gechillt und Bergziegen beobachtet. Allein in diese Region zu kommen, hatte mich mehrmals an meine Grenzen gebracht. Einmal bin ich am Hang kleben geblieben, eine Person mit viel Kraft musste mich "retten". Es gab auch Tage, da lief ich die Hänge hoch wie von Gott getragen, es ging leicht, aber das waren Ausnahmen. Es war ein großes Abenteuer für mich und ich habe solche herausfordernden Aktionen nicht wiederholt. Immer gerne wieder wandern, aber nicht so krass, so lange und mit so viel Gepäck auf dem Rücken. Ganz im Gegensatz zu Helga Hengge, der Autorin von "Seven Summits". Sie hat sich vorgenommen den jeweils höchsten Berg eines jeden Kontinents zu erklimmen, dafür hart trainiert und das Ganze durchgezogen. Also in keinster Weise zu vergleichen mit meinem Trip. Nun möchte ich einiges aus ihrem Buch "Seven Summits" zitieren, denn sie beschreibt Verhaltensweisen von Menschen, die mich zum Beispiel absolut "zerstört" und entmutigt hätten. So haben einige hartgesottene Bergsteiger sie Barbie genannt. Das ist schon blöd, aber noch heftiger waren die Worte eines anderen Kollegen am Mount Everest, die er zum Abschied an sie richtete - oder besser gesagt - auf sie gerichtet hat: "Wenn du es zum Gipfel schaffst, dann gebe ich das Bergsteigen auf." Vorher hatte er, dessen Gipfelsturm nicht von Erfolg gekrönt war, sich über ein amerikanisches Team ausgelassen: "Wenn diese Clowns da alle raufsteigen, was bedeutet der Everest dann noch. Das ist doch ein einziger Affenzirkus hier. Mir langt's." Dass er Helga Hengge auch zu diesen "Clowns" zählte, stand sowieso im Raum und dann: "Wenn DU es zum Gipfel schaffst, dann gebe ICH das Bergsteigen auf." Das ist so, als würde mir eine Person vermitteln , wenn so ein Volltrottel wie ich in der Lage ist, einen Blog zu schreiben, wird er nie wieder in seinem Leben irgendeinen Text verfassen. Oder wenn so eine Tussi wie ich Auto fahren kann, wird er sich nicht mehr an's Steuer setzen. Dieses Runtermachen lässt sich beliebig fortsetzen. Leider. Und es passiert ja auch. Wieso Menschen das tun, ist mir unbegreiflich, obwohl sich fast immer eine "Erklärung" dafür finden lässt. Um das Ganze positiv abzuschließen hier die weisen Worte eines Sherpas: "Weißt du Helga, du musst dir keine Sorgen machen, Chomolungma ( dies ist der ursprüngliche Name vom Mount Everest, Anm. von mir ) hat uns den Sturm geschickt, weil sie gemerkt hat, dass wir nicht mehr stark genug sind, damit wir Zeit haben, uns auszuruhen und wieder zu Kräften zu kommen. Und wenn sie merkt, dass wir soweit sind, dann wird sie uns die Sonne schicken, und dann werden wir mit Leichtigkeit aufbrechen und zum Gipfel aufsteigen." Das ist das Besondere an dem Buch "Seven Summits": es entführt einen auf eine philosophische, ganzheitliche, nahezu magische Art und Weise in den Kosmos des Extrembergsteigens. "Seven Summits" inspiriert, macht Mut, lässt den Horizont unendlich werden und seinen Leser weiser zurückkehren in das ganz alltägliche Leben mit seinen Herausforderungen, Hürden, Zaubermomenten, Engeln und Hoffnungsräubern. Ich hoffe, dass das auch bei mir funktioniert... Neulich habe ich gelesen, dass über die Hälfte aller Berufsmusiker vor einem Auftritt unter Symptomen wie schwitzigen, zittrigen Händen, Mundtrockenheit und verspannten Muskeln leiden, was die Performance regelrecht ruinieren kann...
Das hätte ich nicht für möglich gehalten, ich dachte es trifft nur Leute wie mich, Menschen, die erst "spät" angefangen haben sich mit Musik zu beschäftigen und in diesem Zusammenhang mit Auftritten. Absolut krass finde ich die Geschichte von Mike Oldfield, dem durch Kontakte eine gigantische Bühne ermöglicht wurde. Mein Mann hat das Buch "Losing My Virginity: Die Autobiografie" von Richard Branson gelesen und mir folgende Begebenheit erzählt. Mike Oldfield bekam eine riesige Chance, nahm sie unter unfassbaren eigenem Widerstand wahr und verschwand nach diesem Ereignis für Jahre völlig aus der Öffentlichkeit bzw. ließ sich auf keiner Bühne blicken. Es war zu schnell gegangen, zu hoch, zu zu zu ... alles erdenkliche für seine Seele. So habe ich das Ganze jedenfalls verstanden. In meiner Jugend habe ich viel Mike Oldfield gehört und natürlich auch seine LP "Tubular Bells". Ich bewunderte ihn, zumal er ein Multiinstrumentalist ist. Immer noch habe ich Hochachtung vor ihm und mit diesem Wissen umso mehr. Seine Zartheit und seine Zurückhaltung haben mich sehr berührt. Wir sehen allzu oft nur die kleinen Fenster, das, was klappt, den, der erfolgreich ist und schlimmstenfalls vergleichen wir uns dann auch noch mit diesem inkompletten Bildnis. Was davor und danach kommt, erfahren wir selten. "Als die letzten Takte von Tubular Bells in der Queen Elizabeth Hall verklangen, ließ das Publikum das soeben Gehörte noch einen Moment lang schweigend auf sich wirken. Alle schienen geradezu hypnotisiert, und niemand wollte den Bann brechen. Dann standen alle auf und klatschten stürmisch Beifall. [ ... ] Mike stand vor der Orgel, eine winzige Gestalt, verbeugte sich einfach und bedankte sich. Selbst die Band klatschte Beifall. Ein neuer Star war geboren. An jenem Abend verkauften wir Hunderte von Exemplaren von Tubular Bells. Mike war zu mitgenommen, um eine Pressekonferenz geben zu können. [ ... ] Er verschwand in seinem neuen Bentley. Danach weigerte er sich jahrelang, eine Bühne zu betreten." (aus "Losing My Virginity: Die Autobiografie" von Richard Branson) Lampenfieber und Demut gehören einfach dazu, wenn man sich auf die Bühne traut. Lampenfieber und Demut sind nicht immer sichtbar. Das dürfen wir uns gern in's Gedächtnis rufen, bevor wir jemanden "zensieren", der dort steht, alleine, im Rampenlicht. Da, wo einige von uns gern wären und doch nicht erahnen können, wie es sich anfühlt, von sehr vielen Menschen gesehen und gehört zu werden. Ich schaute in meinen Dateien, was befindet sich dort, im Schatten der Vielfalt verloren, aus den Augen aus dem Sinn? Und da fand ich dieses Gedicht.
Wenn die Kindheit vorbei ist, tut es nicht weh, bist du über die Hälfte deines Lebens geschritten. Wenn die Jugend der Vergangenheit anghört, schmerzt es schon manchmal in meinem Alter. Der Blick in die Jahre als Kind allerdings liegt für Tränen zu lange zurück. Ich erinnere mich ohne Wehmut oder doch mit Wehmut. Ich will ja mir nichts vormachen... Es ist alles da in uns. Wir können in jede Zeit reisen. Aber nie für lange. Und das ist das Kreuz an der Geschichte, das Kreuz, das lange Schatten wirft und dessen Gitter vom Küchentisch auf den Fußboden gleitet, wenn die Sonne untergeht am Abend, während die Uhr an der Wand das Ganze wohlmeinend, zuverlässig verwaltet. Lied vom Kindsein von Peter Handke Als das Kind Kind war, ging es mit hängenden Armen, wollte der Bach sei ein Fluß, der Fluß sei ein Strom, und diese Pfütze das Meer. Als das Kind Kind war, wußte es nicht, daß es Kind war, alles war ihm beseelt, und alle Seelen waren eins. Als das Kind Kind war, hatte es von nichts eine Meinung, hatte keine Gewohnheit, saß oft im Schneidersitz, lief aus dem Stand, hatte einen Wirbel im Haar und machte kein Gesicht beim Fotografieren. Als das Kind Kind war, war es die Zeit der folgenden Fragen: Warum bin ich ich und warum nicht du? Warum bin ich hier und warum nicht dort? Wann begann die Zeit und wo endet der Raum? Ist das Leben unter der Sonne nicht bloß ein Traum? Ist was ich sehe und höre und rieche nicht bloß der Schein einer Welt vor der Welt? Gibt es tatsächlich das Böse und Leute, die wirklich die Bösen sind? Wie kann es sein, daß ich, der ich bin, bevor ich wurde, nicht war, und daß einmal ich, der ich bin, nicht mehr der ich bin, sein werde? Als das Kind Kind war, würgte es am Spinat, an den Erbsen, am Milchreis, und am gedünsteten Blumenkohl. und ißt jetzt das alles und nicht nur zur Not. Als das Kind Kind war, erwachte es einmal in einem fremden Bett und jetzt immer wieder, erschienen ihm viele Menschen schön und jetzt nur noch im Glücksfall, stellte es sich klar ein Paradies vor und kann es jetzt höchstens ahnen, konnte es sich Nichts nicht denken und schaudert heute davor. Als das Kind Kind war, spielte es mit Begeisterung und jetzt, so ganz bei der Sache wie damals, nur noch, wenn diese Sache seine Arbeit ist. Als das Kind Kind war, genügten ihm als Nahrung Apfel, Brot, und so ist es immer noch. Als das Kind Kind war, fielen ihm die Beeren wie nur Beeren in die Hand und jetzt immer noch, machten ihm die frischen Walnüsse eine rauhe Zunge und jetzt immer noch, hatte es auf jedem Berg die Sehnsucht nach dem immer höheren Berg, und in jeder Stadt die Sehnsucht nach der noch größeren Stadt, und das ist immer noch so, griff im Wipfel eines Baums nach dem Kirschen in einem Hochgefühl wie auch heute noch, eine Scheu vor jedem Fremden und hat sie immer noch, wartete es auf den ersten Schnee, und wartet so immer noch. Als das Kind Kind war, warf es einen Stock als Lanze gegen den Baum, und sie zittert da heute noch. |
Inés Witt
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