Manchmal ist es von Vorteil, wenn man empfindlich ist. Ich zum Beispiel friere sehr schnell. Auch, wenn es zieht, ich merke es sofort.
Es ist mir ein Rätsel, wie gut manche Menschen mit Klimaanlagen klarkommen. Also, wieso ist es manchmal von Vorteil, empfindlicher zu sein als die meisten? Ich saß im Zug nach Aachen. In einem Abteil. Einige Männer waren beschäftigt mit ihren Handys oder Laptops. Ruhige, angenehme Vertreter. Alles gut, der Zug fährt pünktlich los. Aber irgendwie ist es kalt. Ich ziehe mir meine Jacke wieder an. Es ist wirklich kalt. Ich rutsche hin und her, bewege meine Füße. „Ist ganz schön frisch hier, finden Sie nicht auch?“, spreche ich den Mitreisenden an, der am Fenster sitzt. Unter dem Fenster ist nämlich ein Schalter. „Wird gleich wärmer“, beruhigt er mich. Ich drehe zur Sicherheit noch an einem anderen Knopf über der Schiebetür. Fahrkartenkontrolle. Ich friere. „Können wir nichts machen“, die Auskunft des Schaffners. Nichts hilft. Es ist arschkalt. Die Männer sind hart im Nehmen. Ich bin es nicht, packe meine Sachen und ziehe um. In das nächste unterkühlte Abteil. Dort sitzen Frauen - deren Wahrnehmung liegt meiner näher. Sie frösteln auch. Wieder ziehe ich um, aber diesmal gehe ich solange, bis es warm wird. Bis zum Speisewagen. „Bei Ihnen ist es schön mollig“, freue ich mich und bestelle mir zum Aufwärmen einen Kräutertee. Ich bleibe. Eine Stunde später: „Ach, hier sind Sie gelandet“, die Frauen von vorhin holen sich jetzt auch etwas Warmes. „Wir haben inzwischen Eisbeine.“ Ich fühle mich pudelwohl im warmen Speisewagen und bin dankbar dafür, dass ich als Erste die Kälte gespürt, zu meiner Mimosenhaftigkeit gestanden und gut für mich gesorgt habe. Die Fenster sind schön groß. Eine graue Winterlandschaft rast vorbei. Graupelschauer, Schnee und Regen im Wechsel draußen. Jetzt noch einen Kaffee. Der Caterer macht sich irgendwelche Notizen. „Der geht auf mich“, lächelt er mich an. Ich denke, ich könnte seine Mutter sein. Und wahrscheinlich ist seiner Mutter auch öfter kalt. Ich bedanke mich herzlich. Ach, wie schön ist es doch im Speisewagen. Eine Oase der Wärme und Herzlichkeit. In diesem Zug hat sich leider bestimmt so mancher eine Erkältung eingefangen, weil er einfach nicht rechtzeitig angefangen hat zu frieren... Comments are closed.
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Inés Witt
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